Und ewig grüßt Mephistopheles

Lesedauer: 10 Minuten

[Dieser Artikel ist auch im ➛Weltenportal Nr. 2 11/2021, S 85-88 (Hg. Christoph Grimm) erschienen.]

Was wenn … Fantasy anders ist als wir denken … ()

Ihr kennt doch alle den alten Filmklassiker (1993) mit Andie MacDowell, einem putzigen Murmeltier und natürlich Bill Murray? Als selbstverliebter Wettermoderator durchlebt er den Tag des Murmeltiers immer und immer wieder. Geweckt von einem nervigen Slogan im Radiowecker unternimmt er ein ums andere Mal seine meist verzweifelten Versuche, irgendwie den Fluch der Wiederholung aufzuheben. Eine Komödie mit Happyend und Tiefgang, denn nach endlosen Schleifen lernt der Held wider Willen aus der Erfahrung, wird menschlich, gar mitfühlend und durchbricht den Fluch dank der Liebe einer schönen Frau.

Was, wenn … der Tag sich nicht wiederholt, sondern die Zeit kontinuierlich weiterläuft, aber das Leben trotzdem immer wieder von Neuem beginnt, weil niemand sich an dich erinnert und nichts von dir irgendeine Spur hinterlässt? – Dann befinden wir uns mitten in einem phantastischen Roman von V.E. Schwab. Denn genau dies geschieht einer jungen Französin im Jahr 1714. Nicht leicht vorstellbar, dass alles sofort wieder verschwindet, der Körper nicht altert, und der Name nicht aussprechbar ist. In diesem Fall steckt hinter dem bitteren Fluch eine unbedachte Vereinbarung mit einem dunklen Wesen.
Der Preis ist hoch und doch … So viel sei bereits verraten: Faustina, die als Adeline LaRue geboren wird, ist cleverer als ihre großen literarischen Vorbilder, Mephistopheles nennt sich Luc und wird über die vielen Papierseiten hinweg fast so menschlich wie Lucifer (Morningstar) in der gleichnamigen Serie.
Und natürlich ist es die Liebe, die das schillernde Böse überwindet …

V.E. Schwab, die junge amerikanische Bestseller-Autorin legt mit „The invisible Life of Addie LaRue“ einen ambitionierten Roman vor und hat sich hohe Ziele gesteckt, wie ich aus anderen Äußerungen lese. Ein Pakt mit dem Teufel gar, um Großes zu erreichen? Was wird der Preis dafür sein? Ruhm oder Missfallen bei einem deutschen Fantasy-Publikum, das die Wiederholung auf ganz eigene Art liebt: die Rückkehr der Zwerge und die nicht enden wollenden Serien über Elfen, Elben, Albae, Feen und Fae …?

Was wenn … ist der Ausgangspunkt guter Fantasy

Diebisch war meine Freude, als die renommierte Autorin V.E. Schwab 2018 ihre im angelsächsischen Raum vielbeachtete Rede bei der J.R.R. Tolkien Lecture on Fantasy Literature hielt und dasselbe aussprach, was ich seit Jahren denke (und auch darüber schreibe). Fantasy kann mehr als die „Wiederholung des Ewiggleichen“. „Ich habe die Geschichten satt, die …“ zählt sie auf und zieht vom Leder. Es ist „unerträglich (…), wie viele neue Geschichten alten Mustern folgen“.
Jeder, der den Fantasy-Markt seit vielen Jahren verfolgt (oder wie ich seit 40 Jahren), kann in diese Litanei mit einstimmen über die ewig gleich gestrickten Bücher mit Fantasiewesen oder Magie … Klingt wie eine Kollegenschelte von V.E. Schwab und das ist es auch. Die bei ihrer Rede gerade mal 30-Jährige geht sogar noch weiter: „Ich kann nur hoffen, dass ich – indem ich kommerziell erfolgreiche Fantasy schreibe, die mit den alten Mustern bricht – den Raum für andere schaffe, dasselbe zu tun; ihnen die Tür aufhalte.“ Danke, liebe Victoria. Das weiß ich als Autor mit dem Anspruch, wirklich Neues zu erschaffen, sehr zu schätzen. Aber ein bisschen weit aus dem Fenster gelehnt ist das jetzt schon, oder nicht? Vermessen vielleicht? Anspruch versus Wirklichkeit? Selbstbild im Kontrast zum Fremdbild? – Wir werden sehen. Mutig ganz bestimmt.
Wenn man wie V.E. Schwab bedenkt, welche Chancen das phantastische Genre im Umfeld der Literatur besäße, wird schnell verständlich, warum sie die Bedeutung von „gut“ geschriebener Fantasy so hoch einstuft.
„Was (wäre), wenn …“ ist der Ausgangspunkt einer Fiktion, die über die Gesetze der Realität hinausgeht. „Gute Fantasy“ definiert sich dabei, indem sie „immer“ einen „Dialog mit der uns bekannten Realität“ führt. „Wenn wir unsere Leser*innen dazu bringen, an ihrer Realität zu zweifeln“, sie nicht zur Flucht (Eskapismus) verleiten, „sondern sogar einen Weg hinein“ in die Realität aufzeigen, dann kann sich in dem magischen Prisma der Fantasy-Erzählung Wirklichkeit und Unvorstellbares in einem Lichtstrahl der Hoffnung auf Neues brechen.
Kurz: „Wir haben die Fähigkeit, die Welt zu verändern.“
Wow. Das nenne ich ein ambitioniertes Schreibkonzept. Sympathisch arrogant.
V.E. Schwab sieht sich ausdrücklich als Magierin der Wörter, als eine Alchemistin der literarischen Kunst. Hmmm … Wisst ihr, wie es mit dem bekanntesten Alchemisten der Geschichte ausgegangen ist? Der historische Dr. Faustus (Johann Georg Faust) wurde nach einer heftigen Explosion zerfetzt in seinem Laboratorium gefunden. Ob Mephisto vielleicht seinen Tribut eingefordert hat und sich leise ins Fäustchen lacht wie das deutsche Leserpublikum, das solcherlei Experimente mit Argwohn beäugt?

Was die Leser wollen …

Wollen wir Fantasy-Leser eine Lektüre, die uns nicht nur unterhaltsam aus unserer Realität entführt, sondern uns gar in eine neue führt, welche die eigene Wirklichkeit in Frage stellt? Hand aufs Herz. Willst du das? Ist V.E. Schwabs Konzept etwas für dich?
Zumindest scheinen meine allgemeinen Beobachtungen dem zu widersprechen. Allerorten stolpert man in Buchempfehlungen für Fantasy über Beschreibungen wie „konnte die Geschichte nicht aus der Hand legen“, „mitgelitten und mitgefiebert“, „hat mich bis zur letzten Seite gefesselt“. Von den nebenbei ausposaunten emotionalen Bekundungen mal ganz abgesehen, die damit oft einhergehen, ist dieser seltsam definierte Spannungsbegriff wirklich ein sinnvolles Qualitätsmerkmal?
Permanentes Aufpeitschen der Leser-Emotion mag vielleicht ein Kriterium für einen Thriller sein, womöglich für Romantasy, für einen Krimi schon nicht mehr zwingend. Warum aber für ein gutes Buch, warum für Seiten voll von Fantasie und einer unglaublichen Welt?
Sind da draußen in den sozialen Netzwerken lauter Buchjunkies unterwegs, immer auf der Suche nach dem besten Stoff für den nächsten Schuss?
Was ist mit leisen Tönen, interessiertem Beobachten, Nachdenken, Sichanregenlassen und zwischendrin gerne mal das Buch weglegen? Muss sich eine Action-Szene an die nächste reihen, Gewalt und Gossensprüche Realität suggerieren, eine Gefühlswallung nach der anderen die fehlenden Emotionen im eigenen Leben ersetzen?
In den USA gelangte V.E. Schwab mit mehreren ihrer Bücher unter die TopTen der New-York-Times-Liste und diese bemisst sich ausschließlich an den Verkaufszahlen. Auch ihr neuestes, „The invisible Life of Addie LaRue“, war 2020 darunter. Das Konzept kam in den Staaten an. In Deutschland … ließ sich das Buch auf keiner Liste finden, wohl aber die Rückkehr der Zwerge (Band 1 und bald Band 2, nach bereits 5 Vorgängern …).
Das kann doch nur mit dem Teufel zugehen, oder?

Die Probe aufs Exempel: Das unsichtbare Leben der Addie LaRue (dt. 2021)

Ich habe das Buch von V.E. Schwab zweimal für euch gelesen. Und tatsächlich, es hat Wochen gedauert und Es hat mich nicht gepackt … wollte ich schreiben. Pfui Teufel – so rezensiere ich nicht! Und es stimmt auch gar nicht. Ich habe mich schwer damit getan. Ja. Es oft beiseite gelegt. Stimmt. Wieder reingeschaut, darin rumgeblättert und gekritzelt, Motive verfolgt, durchaus sachliche Fehler entdeckt, aber mehr noch Entwicklungslinien für mich nachgezeichnet, gegrübelt und einige Aha-Momente erlebt. Addies unsichtbares Leben wurde zu einem wirklich interessanten Buch! Nur war es eben für mich nicht eingängig, weder sofort noch ganz. Eher wie eine Mühe, die erst spät belohnt wird, und auch nicht gerade mit Gold, sondern wie mit einem guten Essen.
Und was soll man sich unter dem Buch vorstellen, wenn man es noch nicht gelesen hat?

Die Erzählung
29.07.1714. Adeline (= die Edle, kurz Addie) LaRue will sich als Dreiundzwanzigjährige nicht in die bevorstehende Ehe mit einem unansehnlichen Mann fügen, hat von einem schwarzlockigen Fremden geträumt, ihn gemalt, und betet trotz Warnungen zu den alten Göttern, ihr dieses Schicksal zu ersparen. Aus dem Schatten heraus wird sie erhört, als wäre es der Fremde. Der Preis für die absolute Freiheit scheint billig: „Du kannst meine Seele haben, wenn ich sie nicht mehr will.“ „Abgemacht“. (57)
Doch bei der „Freiheit ohne Regeln“ (55) steckt der Teufel wohl im Detail. Bereits in der ersten Buchszene, die vor der Abmachung steht, durchleben wir die Tragik: Addi wacht 2014 neben einem Künstler auf, den sie seit mehreren Monaten jeden Abend trifft, ihm immer wieder neu Muse für eine Nacht ist, er sich jedoch jeden Morgen nicht erinnern kann, wer Addie ist. Es ist ein verdammter Fluch. Nichts bleibt von ihr, kein Gedanke an sie, nicht einmal ihre Sachen, nicht ihr Name. Freiheit von allen Verpflichtungen und Bedingungen zum Preis für die menschliche Bedeutungslosigkeit.
Die ersten Jahre sind schwer, sowohl für Addie als auch für den Leser. Die junge Frau muss stehlen, anschaffen gehen und sich mit Lügen, aber zunehmender Raffinesse jeweils für kurze Zeit eine Bleibe ergattern, denn ohne Namen und bleibende Unterschrift lässt sich keine Verbindlichkeit mehr eingehen auf dieser Welt, keine Freundschaft über einen Tag hinaus. Nach 50 Jahren kommt sie mit der „genauen Form ihres Fluchs“ (402) ganz gut zurecht, entdeckt, dass sie zwar nicht direkt Spuren (nicht einmal Fußspuren) hinterlässt, aber sehr wohl Einfluss auf andere nehmen kann, sie inspirieren, ein Musikstück, gar ein Bild von ihr der Nachwelt zu übereignen. Auf diesem 300 Jahre dauernden Weg begleiten wir die immer jung bleibende, nicht sterbliche Addie. Er führt von einem Dorf an der Sarthe, über Paris, Florenz und einigen amerikanischen Städten ins New York der Moderne (2014). Stippvisiten bei Philosophen (Voltaire), Malerinnen/Maler, dem Totenbett eines Musikers (Beethoven) und Streifzügen durch Geschichtsereignisse wie der französischen Revolution, dem Ersten und Zweiten Weltkrieg sind inbegriffen.
Zum ersten Mal nach 299 Jahren trifft Addie dann einen Menschen, der sich auch, nachdem sie seinen Blicken entschwunden ist, noch an sie erinnert, selbst am nächsten Tag: Henry, ein Ted Mosby-Typ wie er Seriengeschichte schrieb (How I met your Mother), tendenziell langweilig, unsicher, aber herzensnett. Schnell werden die beiden ein Paar. Doch dem jungen Glück läuft die Zeit davon, wie sich zeigt. Denn auch Henry, über dessen Geschichte wir viel erfahren, stand vor dem Selbstmord, will von allen geliebt werden und ging dafür einen verhängnisvollen Deal ein …
Die Dramatik hätte keine Kontur, wäre da nicht Mephisto, alias Luc, der Addie vorzugsweise am Jahrestag, allerdings in unregelmäßigen Abständen, besucht, verspottet, sie brechen will, um seinen Lohn zu erhalten. Er ist Gott und Teufel, handelt mit Seelen, ganz sicher ein Ungeheuer, das sich in der Gestalt angepasst hat, vielleicht nicht fähig zu lieben, aber von der Widerständigkeit und Lebenslust von Addie immer mehr angetan. Der ehemals Fremde wird über die Zeit zum Vertrauten, manchmal sogar zum Geliebten. Vielleicht sind auch die Götter einsam, weil sich kaum einer an sie erinnert? Sucht er eine Gleichgesinnte, eine Unsterbliche für die Zweisamkeit? Doch er hat in seiner Arroganz nicht mit Adeline La Rue gerechnet, die dem Teufel und der Vereinbarung zwar nicht entkommen kann, ihm am Ende aber ein böses Schnippchen schlägt.

Murmeltierquälerei als Tor in eine andere Welt?
„Ideen sind hartnäckiger als Erinnerungen“ (437) mag als tragendes Konzept für das Buch eine tolle Idee sein, für die Lesenden, die sich sehr wohl an alle Szenen und Details genau erinnern, ist es ein hemmender Faktor. Denn die Handlung kommt nur schleppend voran, wiederholt sich in Schleifen, die im Gegensatz zu Bill Murrays kreativen Ansätzen nur in Nuancen Variationen des Gleichen bieten. Der Geduld wird aufgrund von 588 Seiten (über 20 h Lesezeit!) damit viel abverlangt. Natürlich passt genau diese Erzählweise zu dem Stoff, den sich V.E. Schwab gesetzt hat – insofern kann man es literaturkritisch rühmen oder platt als Murmeltierquälerei brandmarken.
Vergleichbare bedeutungsvolle Sentenzen werden leider mehrfach im Text angeführt, damit auch jeder sie wahrnimmt, obwohl sie doch aus der Handlung wie ein leuchtendes Menetekel überdeutlich sichtbar sind. Nicht gerade subtil. Hart mit der Nase auf etwas gestoßen zu werden, stößt bei mir auf. Aua. Vielleicht muss man solche Stilmittel als ein Zugeständnis an die mit Literatur noch nicht so vertraute junge Leserschaft werten, denn im Themenspektrum – junge Liebe, Reiz von toxischen Liebesbeziehungen, Platz finden im Leben, Unsicherheit über die eigene Person – und der Verhaltensweise der Akteure (insbesondere Addie) zeigt sich der Roman als New Adult Literatur.
Zugleich setzt sich das Buch deutlich von dem Üblichen ab, stößt philosophische Gedanken an, wie wir mit unserer Lebenszeit umgehen, dass etwas bleibt. Es gibt zudem unglaublich viele Kleinigkeiten und spannende Elemente zu entdecken (z.B. symbolische Gegenstände, Sommersprossen wie Sternzeichen, etc.), die sich immer mehr zu einem kunstvoll gewobenen Bild zusammenfügen über Daseinsangst, Religion und Menschsein, ohne platte Antworten zu geben. Kunst wird als schöpferischer Akt thematisiert, der auch etwas Dämonisches und Zügelloses einschließt, wenngleich die Prahlerei des Teufels, wie vielen Künstlern er den Erfolg bescherte, fehl am Platz wirkt. Die Sprache und Beschreibungen sind gehaltvoll (vielleicht poetisch) und weitführend, aber für mich oft auch überzogen bedeutungsschwanger und ausschweifend, detailverliebt – was man mögen kann, aber nicht muss. Das durchgängige Präsens als Erzählzeit selbst über alle Rückblicke hinweg ist zwar in der Belletristik häufig anzutreffen und hat eine Unmittelbarkeit befördert, aber nicht die Orientierung und Spannung unterstützt.
Was wäre wenn … der Teufel liebesbedürftig wäre und man ihn durch künstlerisches Schaffen und präzise Semantik, sprich Schriftstellerei bezwingen könnte? Öffnet dieser Roman mit solchen Gedankenspielen ein Tor in eine andere Welt, die uns die eigene neu betrachten lässt?

Fazit – Kunst ist halt doch relativ … anders, als wir denken …

Den Versuch, ein solches Buch wie „Das unsichtbare Leben der Addie LaRue“ zu schreiben, war es wert. Aber der Stein der Weisen wurde von den Alchemisten, seien es Gelehrte oder Schreibende, noch nicht gefunden. Und deshalb wird nicht alles zu Gold, womit man experimentiert.
Auf den Teufel hat sich V.E. Schwab im wahrsten Sinne des Wortes eingelassen und am Ende scheint es, dass durch sprachliche Finesse das Böse zu überwinden ist. Wenn das keine starke Ansage ist. Aber auch das Ringen mit dem Teufel ist ein bekanntes Motiv, mit dem sich nicht nur so berühmte Literaten wie Marlow, Lessing, Goethe, Mann und Dürrenmatt beschäftigt haben.
Wenn Fantasy anders ist, als wir denken – anders als unsere ewig gleichen Gedanken über unsere Realität – dann kann diese Gattung ihren Anspruch einlösen, die Realität zu verändern. Deshalb gilt es, immer weiter zu experimentieren, neue Geschichten über das Leben und darüber hinaus zu schreiben … und sich dem Urteil zu stellen, ob die Leserschaft dies als Tor zur eigenen Realität goutiert.
Apropos Fantasyleser, in Deutschland … Wollen wir weiter bei unseren Fabelwesengeschichten bleiben? Zum Teufel nochmal. Lasst uns beweisen, dass wir auch Fantasy lesen, die einem höheren Anspruch gerecht zu werden versucht.

 

V.E. Schwab: Das unsichtbare Leben der Addie laRue. Fischer Tor 2021 (Tor Books 2020)

Dieser Artikel ist auch im ➛Weltenportal Nr. 2 11/2021, S 85-88 (Hg. Christoph Grimm) erschienen.

Hintergrundinfos:

Englisches Transkript der Rede V.E. Schwab
➛deutsche Übersetzung der Rede (2021)

 

Literatur interpretiert Literatur

O.k. … das Zitat ist nicht ganz taufrisch, aber dennoch aktuell. 

[Ich bin] ein Teil von jener Kraft,
Die stets das Böse will und stets das Gute schafft. (…)
Ich bin der Geist, der stets verneint!
Und das mit Recht; denn alles, was entsteht,
Ist wert, daß es zugrunde geht;
Drum besser wär’s, daß nichts entstünde.
So ist denn alles, was ihr Sünde,
Zerstörung, kurz das Böse nennt,
Mein eigentliches Element. (…)
Ich bin ein Teil des Teils, der anfangs alles war,
Ein Teil der Finsternis, die Licht gebar,

Johann Wolfgang von Goethe, Faust, Studierzimmer (Insel Verlag 1965, 43)